Paul Höchstädter

"Energie, Begeisterung und Groove" - dafür steht Paul Höchstädter. Seit 2007 gibt der Schlagzeuger in der hr-Bigband den Takt an. Der gebürtige Franke erzählt, wie er zur Musik kam und verrät, wo es den besten Espresso Europas gibt.

Interview: "Der Motor der Band"

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Steckbrief

1973 in Nürnberg geboren. Studien bei Billy Elgart am Hermann Zilcher Konservatorium in Würzburg und bei Holger Nell in Berlin.

Spielte u.a. mit: Rias Bigband, NDR Bigband, Al Porcino Bigband, Summit Jazz Orchestra, Concert Jazz Orchestra Vienna, Sunday Night Orchester Nürnberg, Bobby Burgess Bigband Explosion, Thilo Wolf Bigband.

Sideman von:
Clark Terry, Jiggs Wigham, Bobby Shew, Till Brönner, James Morrison, Jocelyn B. Smith u.a.

Seit Januar 2007 Schlagzeuger der hr-Bigband.

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Frage: Wie sind Sie zur Musik gekommen?
Höchstädter: Ich habe schon als Kind auf diesen Waschmittel-Trommeln aus Pappe gespielt und war auch ganz fasziniert von den Trommlern bei Spielmannszügen. Schlagzeug war also schon immer mein Favorit unter den Instrumenten. Aufgrund meiner Begeisterung hat ein Kollege von meinem Vater dann einfach ein Schlagzeug besorgt und zu mir nach Hause liefern lassen. So standen meine Eltern vor vollendeten Tatsachen. Mit zehn Jahren habe ich mit Schlagzeugunterricht angefangen. Mit ungefähr 15 Jahren war ich dann beim "Jazz Ost-West"-Festival in Nürnberg. An diesem Abend in der "Tafelhalle" hat mich die Musik wirklich umgehauen. Später, während eines Konzertes von Wolfgang Haffners Band, das mich begeisterte, beschloss ich dann, Profi-Schlagzeuger zu werden.

Frage: Wie sieht Ihr musikalischer Werdegang aus?
Höchstädter: Ich war in Nürnberg an der Musikschule bei einem guten Lehrer gelandet und spielte in verschiedenen Ensembles der Musikschule und nach und nach ging es los, dass ich in mehreren Schulbigbands, Rock- , Soul- und Fusionbands mit von der Partie war. Als ich dann nach Würzburg zum Studieren ging, gab es fast jeden zweiten Tag irgendeinen Gig zu spielen. Dort habe ich auch regelmäßig Hip-Hop-Sessions mit meiner Band und Rappern von der dortigen US-Army Base organisiert. Studiert habe ich bei Billy Elgart in Würzburg und später bei Holger Nell in Berlin. Nach meinem Diplom im Jahr 2000 spielte ich in vielen Bigbands in Deutschland mit, unter anderem bei der Rias Bigband, der NDR Bigband, der Al Porcino Bigband und beim Summit Jazz Orchestra in Regensburg, das aus dem Bundesjugendjazzorchester hervorgegangen war. Außerdem beim Sunday Night Orchester Nürnberg und in Rainer Tempels Band.

Frage: Wer sind Ihre musikalische Vorbilder?
Höchstädter: Ella Fitzgerald, Sonny Rollins, Miles Davis, John Coltrane, Joachim Kühn , mein Lieblingsdrummer Mel Lewis, Shelly Manne, Buddy Rich, Philly Joe Jones, Elvin Jones, Daniel Humair, Roy Haynes, Steve Gadd, Jeff Pocaro von Toto, Stewart Copeland von Police... Je mehr ich aufzähle, desto mehr fallen mir ein.

Frage: Was bedeutet Jazz für Sie?
Höchstädter: Das Großartige am Jazz ist, dass man als Musiker oder als Band spontan so ein großes Maß an Energie, Begeisterung und Emotion freisetzen kann, weil man eben improvisiert. Als Schlagzeuger, quasi "Motor" jeder Band legst du natürlich die Grundlage, du bestimmst Groove, Tempo, Interpretation. Was der Trommler an Energie und Begeisterung aufbringt, entscheidet sehr stark, wie gut eine Band klingt. Insofern sind die Kollegen von mir abhängig, was aber auch eine Verantwortung ist, die Spaß macht und fordert.

Frage: Ihre erste Schallplatte?
Höchstädter: ... bekam ich mit acht Jahren geschenkt. Es war ein Direktschnitt des Albums "Menue" von Charly Antolini, limitierte Auflage. Direktschnitt nennt man Platten, bei denen die Aufnahme direkt in die Master-Platte geschnitten wird. Man muss also eine ganze Plattenseite am Stück aufnehmen.

Frage: Welche Musik hören Sie privat gerne?
Höchstädter: Ella Fitzgerald, Beatles, James Taylor, Prince, the Roots,...

Frage: Wo sind Sie, wenn Sie nicht arbeiten?
Höchstädter: In der Küche oder auch beim Sport, vor allem beim Schwimmen. Außerdem bin ich ein großer Film-Fan, besonders die Filme der 70er Jahre haben es mir angetan. Eine meiner größten Leidenschaften ist aber Espresso: Ich bin ein richtiger Espresso-Maschinen-Austester. Als Musiker ist man ja viel auf Autobahnen unterwegs und da kriegt man teilweise wirklich üblen Kaffee angedreht. Dabei kommt es beim Espresso nicht nur auf die richtige Maschine an, sondern auch auf die richtige Menge, Wassertemperatur und so weiter. Auch die Luftfeuchtigkeit ist ein Faktor, der stark zum Gelingen oder Nichtgelingen des Kaffees beiträgt. Den besten Cappuccino in Europa gibt es übrigens an der ersten Raststätte nach dem Brenner, aber nur wenn der Chef da ist.

Frage: Wäre das also Ihr Plan B ? Eine Kaffeebar in Italien?
Höchstädter: Ja, das könnte schon eine Alternative sein, es müsste aber eine Kombination sein aus Kaffeebar und Jazzkeller.

Frage: Wann bekommen Sie eine "Gänsehaut"?
Höchstädter: Beim "Te Deum" von Bruckner, bei der dritten Sinfonie von Sibelius und bei manchen Stücken von Vince Mendoza.

Frage: Ihr Tag war erfolgreich, wenn ...
Höchstädter: ... etwas geklappt hat und ich sozusagen einen "Schritt nach vorn" gemacht habe.

Interview: Isabel Schad